Dienstag, 5. Februar 2013

Von kurzer Verweildauer


Gregor Samsa war eine glückliche Kakerlake, bis zu dem unsäglichem morgen an dem Gregor Samsa als Mensch erwachte.
Anleitung zum Unglücklichsein, auch ohne das mir der Nachbar keinen Hammer leiht.

Heute morgen wurde ich gleich an mehreren Stellen Zeuge davon wie Menschen sich ihr alltägliches Leben erschweren, so dass man zwangsweise zu der Überzeugung kommt das sie A) entweder blöd oder B) selber Schuld oder C) unbeholfen weil bis gestern noch glückliche Kakerlaken waren, sind.

Gottes weite Erde war heute morgen mit Schnee überzogen (jedenfalls so weit ich das überblicken konnte). Auf meinem täglichen Weg zur Bahn stolperten mir dann auch etliche Gestalten mit Regenschirmen (sic!) entgegen um sich mit diesen passantenbelästigenden Relikten vor Schnee und der gallischen Urangst, dass einem der Himmel auf den Kopf fallen könnte, zu schützen versuchten. Blind wie Nacktmulle stolperten sie über des Bürgers Steig und machten die ohnehin schon schmale Welt unnötig mit sich voll.

Dann begab ich mich in den Hades des öffentlichen Nahverkehrs und schlenderte der personentransportierenden U- und S- Bahn entgegen. Ich habe es mir zur Regel gemacht keinen Zügen hinterher zu rennen, denn ähnlich wie das Weinen über verschüttete Milch bringt es nichts und trübt nur unnötig den ohnehin schon filigran und zerbrechlich aufgebauten Frohsinn am frühen Morgen. Ich betrat also den Bahnsteig und sah die Bahn 50 Meter von mir entfernt sich anzuschicken die Türen zwecks Weiterfahrt zu schließen. Mir war es gleich, es zuckt noch nicht einmal ein Urinstinkt in meinen Kakerlaken Genen, wenn ich dem abfahrenden Zug sehendes Auges entgegen schlendere. Innerhalb der Stadt ist es ohnehin egal, denn in 4 Minuten kommt die nächste Bahn und die Verzögerung bedeutet schlimmstenfalls 2 Seiten mehr in dem Buch, das ich quälend langsam und kleinteilig auf meinen Bahnfahrten lese. Anscheinend ging es der Frau die hinter mir die Treppe herunter gestürzt (gestürzt nicht gefallen) kam da anders. Sie rannte dem bereits rot leuchtenden Heck des Zuges entgegen, auch wenn ihr Startschuss der Pfiff mit dem Lautsprecherhinweis auf den abfahrenden Zug war. Alles Rennen und Fluchen nütze nicht, wie vom Lautsprecher angekündigt schlossen sich die Türen und sie schaffte es gerade noch mit ihrem umgehängten Stoffbeutel gegen die abfahrende Bahn zu prügeln. Die verbleibende Wartezeit nutze die junge Dame mit ausufernden Flüchen und Tritten gegen unbewegliche Dinge, die wenig Anteil an ihrem Schicksal nahmen.

Zwei Stationen und 6 Seiten später entstieg ich dem Hamburger Untergrund wieder und stapfte die verbleibenden Meter durch dem mittlerweile tauenden, tief matschigen Schnee. Und welches Vehikel der urbanen Mobilität präsentierte sich mir nun in seiner ganzen Sinnlosigkeit: der gemeine Rollkoffer. Eigentlich sind Rollkoffer ja mehr ein akustisches Ungemach, doch der vermeintliche Nutzen des verhassten Gepäcks wurde nun durch den triefnassen Schnee aufgeweicht und so zog es der Besitzer vor den Koffer eben nicht zu ziehen sondern zu tragen.

Alle wirkten sie unglücklich und all Ihnen sei gewünscht, dass sie morgen wieder als Kakerlake aufwachen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen